Gleichnis vom guten Samariter

Der gute Samariter - eine anschauliche Geschichte von Jesus Christus - ging als das Vorbild der Nächstenliebe in die Geschichte ein.

Kurz zur Geschichte: Ein Mensch wird auf dem Weg von Jerusalem nach Jericho überfallen. Halbtot überlassen ihn die Räuber seinem Schicksal. Zwei fromme Juden, zuerst ein Priester und dann ein Levit, gingen an ihm vorüber. So blieb der Mensch verletzt liegen, bis ein Samariter (also ein Ausländer) sich seiner annahm. Dieser kümmerte sich um ihn und brachte ihn zur nächsten Herberge. Dort kam er für alle Pflegekosten des Verletzten auf. (Lukas-Evangelium 10,30-37)

Heute denke ich einmal mehr über diese Geschichte nach. Sie ist so einfach, ja fast banal, und doch so lebensnah und herausfordernd. Zwei Gedanken beschäftigen mich dabei immer wieder aufs Neue.

1. Warum haben die zwei frommen Juden in der Disziplin "Nächstenliebe" versagt?
Stress: Hatten sie neben ihrem (Gottesdienst)programm keine Zeit für Nächstenliebe?
Feigheit: Waren sie zu feige, sich auf einer gefährlichen Strasse um einen Verletzten zu kümmern?
Verachtung: Oder war es schlicht "religiöse Verachtung", eine Form von Menschenverachtung?
Alle drei möglichen Gründe machen mich betroffen. Bin ich nicht auch sehr oft im Stress und nur darauf konzentriert, möglichst schnell von "A" nach "B" zu kommen? Ich denke da z.B. an das Autofahren. Etwas mehr Freundlichkeit und Gelassenheit wäre sicherlich auch ein Ausdruck von Nächstenliebe.

2. Was kostet das Helfen?
Helfen kann sehr nervenraubend sein. Ich denke da an die Slowenen, die wir aufgrund eines Hilferufs in der Frobenstr. 20 untergebracht hatten. Heute haben sie den Feueralarm zum zweiten Mal ausgelöst, obwohl sie wussten, dass Kochen einfach nicht erlaubt ist! So mussten wir konsequent eingreifen. In solchen Situationen komme ich mir nicht gerade wie der barmherzige Samariter vor. Das führt dann zur Gefahr, dass ich beim nächsten Hilferuf schon zum vornherein absagen möchte.
Doch Helfen ist nun mal ein Risiko. Nicht jede "Hilfsaktion" endet mit einem guten Gefühl im Bauch. Manchmal kostet Helfen viel Nerven, Geld und andere Unannehmlichkeiten. Doch Helfen ist und bleibt ein christlicher Auftrag.

Basel, April 2003, Markus Brunner
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