Über die ersten Christen

Brief an Diognet, den Heiden Claudius Diognetus, der, so nimmt man an, um 200 n.Chr. in Alexandria war. Es handelt sich um eine Werbeschrift für das Christentum. (5,1-17)

Die Christen unterscheiden sich nicht durch Land, Sprache oder Sitten von den übrigen Menschen. Denn nirgendwo bewohnen sie eigene Städte, noch bedienen sie sich irgendeiner abweichenden Sprache, noch führen sie ein auffallendes Leben. Obwohl sie griechische und barbarische Städte bewohnen, wie es einen jeden traf, und die landesüblichen Sitten befolgen in Kleidung und Kost sowie im übrigen Lebensvollzu, legen sie doch eine erstaunliche und anerkanntermassen eigenartige Beschaffenheit ihrer Lebensführung an den Tag.

Sie bewohnen das eigene Vaterland, aber wie Beisassen. Sie nehmen an allem teil wie Bürger, und alles ertragen sie wie Fremde. Jede Fremde ist ihr Vaterland und jedes Vaterland eine Fremde.
Sie heiraten wie alle, zeugen und gebären Kinder; aber sie setzten die Neugeborenen nicht aus.
Ihren Tisch bieten sie als gemeinsam an, aber nicht ihr Bett.
Im Fleisch befinden sie sich, aber sie leben nicht nach dem Fleisch. Auf Erden weilen sie, aber im Himmel sind sie Bürger.
Sie gehorchen den erlassenen Gesetzen, und mit der ihnen eigenen Lebensweise überbieten sie die Gesetze.
Sie lieben alle - und werden doch von allen verfolgt.
Man weiss nichts von ihnen - und verurteilt sie doch.
Sie werden getötet - und dennoch lebendig gemacht.
Sie sind arm - und machen doch viele reich.
An allem leiden sie Mangel - und haben dennoch alles im Überfluss.
Sie werden beschimpft - und in den Beschimpfungen doch gepriesen.
Sie werden verleumdet - und dennoch ins Recht gesetzt.
Sie werden geschmäht - und sie segnen.
Sie werden beleidigt - und sie zeigen Ehrerbietung.
Obwohl sie Gutes tun, werden sie wie Übeltäter bestraft; wenn sie bestraft werden, freuen sie sich, als würden sie mit Leben begabt.
(aus: Entscheidung 184, 4/94)

Münsingen, Oktober 1994, Markus Brunner
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